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Samstag, 2. April 2011

Rio de Janeiro vom Schiff aus

Am 31. März näherten wir uns langsam der Küste von Rio de Janeiro. Aber erst um ein Uhr nachts legten wir bei strömendem Regen bei 24°C im Hafen von Rio an. Am Morgen versuchten wir ein Taxi für eine kurze Stadtrundfahrt zu organisieren. Leider ohne Erfolg kehrten wir bald wieder zum Schiff zurück. Bereits am Nachmittag verliessen wir Rio in Richtung Santos. Unsere Eindrücke von Rio, seinem berühmten „Zuckerhut“ (394 m) und der Praia de Copacabana (kurz vor der Abenddämmerung) hielten wir mit Fotoaufnahmen vom Frachtschiff aus fest. Die Hafenaktivitäten sowie die Gegensätze zwischen Skyline und Favelas waren auch so beeindruckend.

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BBQ auf dem Atlantik

Die Temperaturen stiegen täglich bis über dreissig Grad. Wir verbrachten viel Zeit auf Deck und genossen die unendliche Weite des Meeres. Nur noch ganz selten kreuzten wir andere Schiffe. Endlich fanden wir Zeit, den mitgenommenen Spanischlehrgang zu starten. Hie und da konnten wir fliegende Fische, Delfine und Seemöwen beobachten. Am Sonntagabend gab es BBQ auf Deck mit der ganzen Mannschaft. Einige Stunden später fuhren wir über den Äquator. Ab jetzt befinden wir uns auf der südlichen Erdhalbkugel. Die Sonne steht nun am Mittag im Norden und nicht mehr im Süden. Und der Mond nimmt von links nach rechts zu!

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Dakar – das Tor zu Afrika

Endlich wieder Land in Sicht – Dakar, Hauptstadt von Senegal und der westlichste Punkt Afrikas. Am 24. März um die Mittagszeit kamen wir in der Bucht von Dakar an. Andere Frachtschiffe warteten bereits und wir konnten erst um 21 Uhr anlegen. Vorher wurden noch spezielle Vorsichtsmassnahmen auf dem Schiff getroffen: Alle Rettungsringe und –seile sowie Feuerwehrschläuche entfernt, sämtliche Eisengitter beim Lift- und Treppenaufgang geschlossen. Das Risiko, plötzlich „blinde Passagiere“ an Bord zu haben oder Diebstähle, können anscheinend nicht ausgeschlossen werden.
Vom Deck aus beobachteten wir, wie die alten Autos und Container in der dunklen Nacht abgeladen wurden. Wir erlebten eine unruhige Nacht auf dem Schiff. Das Rumpeln war unüberhörbar. Am Morgen durften wir das Schiff nur für eine Stunde verlassen, da die Abfahrt unmittelbar bevor stand. Etwas angespannt bummelten wir durch den Markt direkt am Hafen. Alle wollten uns sehr freundlich etwas verkaufen. Es waren kaum Weisse zu sehen. Aber der Lärm, der Verkehr, die Hitze und der Staub waren für uns schon ungewohnt. Lieber hätten wir die nahe gelegene Insel Gorée besucht, eine der ersten europäischen Niederlassungen in Afrika. Im 18. und 19. Jahrhundert war Gorée ein berüchtigter Umschlagsplatz für Sklaven. Inzwischen gehört sie zu den Kulturdenkmälern der UNESCO.


Aber wir mussten rechtzeitig an Bord sein. Wieder dauerte es aber noch etliche Stunden bis wir gegen Abend nach Rio de Janeiro ablegen konnten. Eine Non-Stopp-Fahrt von sechs Tagen lag vor uns.

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Sechs Tage bis Dakar

Ohne Halt ging die Reise spätabends am 18. März weiter nach Dakar, Senegal. Die Temperaturen stiegen von Tag zu Tag. Erstmals konnten wir an der warmen Sonne auf Deck sitzen und lesen. Nur knapp sahen wir am Horizont einen Teil der Kanarischen Inseln. Die ganze Mannschaft stand auf Deck und nutzte den kurzen Mobile-Empfang zu ihren Liebsten. Die Stimmung hat sich sehr gelockert. Alle sind sehr freundlich und wir können jederzeit das riesige Cockpit besuchen und uns über die Reiseroute informieren. Hier gibt es auch den besten italienischen Espresso! Die Philippiner sind mit Malen des Schiffes beschäftigt. Nach dem Nachtessen treffen wir uns zum Fussballspiel in Kleinversion (töggele). Die Crew spielt sehr gut - wir Passagiere werden aber immer besser!

Tagelang fuhren wir 195 Grad Richtung Süden. Ab und zu kreuzten wir andere Frachtschiffe, sogar einige Delfine begleiteten uns. Am Montagabend gab es eine Alarmübung für alle inklusive Einstieg in eines der beiden grossen orangen Rettungsboote. Trinkwasser und Nahrungsmittel für eine Woche liegen für den Notfall im Rettungsboot bereit.

Antwerpen und Le Havre

Das Anlegen in den Häfen ist immer wieder spannend. Bedingt durch Ebbe und Flut muss das grosse Frachtschiff zuerst durch eine schmale Schleuse in den Innenhafen. Die Crew war entsprechend angespannt und der Kapitän etwas nervös. An Bug und Heck unterstützen kräftige Lotsschiffe die Manövrierung. Die Häfen liegen immer abseits. Da wir nicht auf einem Passagierschiff sind, ist die Verbindung zur Stadt nicht organisiert und lohnt sich bei kurzen Aufenthalten kaum. Dies war in Antwerpen und Le Havre leider der Fall. Deshalb können wir unseren Blog nicht laufend aktualisieren und auch keine Mails verschicken, da das Frachtschiff den Passagieren kein Internet zur Verfügung stellt (nur in Notfällen).

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Tilbury und Ausflug nach London

Da am Sonntag im Hafen kaum gearbeitet wird, geht die Schifffahrt nach Antwerpen erst am Montag oder Dienstag weiter. Einen genauen Fahrplan gibt es nicht. Dieser richtet sich nur nach der Fracht und den angelaufenen Häfen. Passagiere auf dem Frachtschiff sind eher zweitrangig. Wir machten kurz entschlossen einen Ausflug nach London. Mit der Bahn sind es nur 45 Kilometer. Forsythien und Osterglocken blühen hier bereits (13.März). Aber sonst herrschte typisch „english weather“! Rechtzeitig zum Nachtessen waren wir wieder auf dem Schiff in Tilbury und erlebten einen eindrücklichen Sonnenuntergang.

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Frachtschiff „Repubblica del Brasile“

Das Frachtschiff ist 206 Meter lang, 30 Meter breit und ca. 35 Meter hoch. Es wurde 1998 für die Reederei Grimaldi gebaut. Neben einigen Containern kann das Ro-Ro-Schiff (roll on-roll off) bis zu 2‘800 Autos laden. Bekannte neue deutsche Autos gehen nach Südamerika – viele Occasionsautos und -lastwagen sind für Afrika (Dakar) bestimmt. Das Schiff fährt unter italienischer Flagge mit italienischer Schiffsführung. Die Besatzung von etwa 25 Männern setzt sich aus vielen Nationalitäten zusammen – darunter zahlreiche Philippiner.
Unsere Kabine mit Dusche befindet sich auf dem achten Deck. Sie ist einfach, sauber und zweckmässig eingerichtet. Die Gräuschkulisse der Motoren und Klimaanlage ist noch etwas gewöhnungsbedürftig. Der Tagesablauf richtet sich nach den Essenszeiten: 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück, 12.00 Uhr Mittagessen und 18.00 Uhr Nachtessen. Die italienische Küche ist prima. Zurzeit sind wir sieben Passagiere: wir beide, ein 50-jähriger Sohn mit seiner Mutter und drei einzelne Männer. Es gibt einen Essraum, Aufenthaltsraum, Fitnessraum und viel Platz auf dem Brückendeck zum Spazieren. Sogar eine Waschmaschine steht uns zur Verfügung.
Bis jetzt schätzen wir die viele, freie Zeit sehr. Wir lesen oder diskutieren mit den anderen Passagieren. Besonders Didier aus Frankreich, der über ein Jahr in Südamerika umher reiste, ist für uns eine sehr interessante Informationsquelle. Er kam mit dem Schiff aus Buenos Aires und wird es in Le Havre verlassen. Er musste den Umweg über Hamburg und Tilbury in Kauf nehmen, da das Schiff bei der Rückfahrt in Le Havre nicht anlegte.

Frachtschiff „Repubblica del Brasile“

Endlich Abfahrt in Hamburg

Nach zahlreichen Verzögerungen erhielten wir die Nachricht, dass das Frachtschiff „Repubblica del Brasile“ am 10. März 2011 um ca. 15 Uhr in Hamburg eintreffen wird. Nach einigen Formalitäten im Terminal O’Swaldkai 10, Schuppen 48, konnten wir mit dem Handgepäck einschiffen und unsere Kabine beziehen. Das Schiff blieb aber über Nacht noch in Hamburg und wir schliefen zum ersten Mal an Bord. Der Camper blieb noch auf dem Parkplatz. Erst am 11. März nachmittags wurden wir abgeholt und konnten auch den Camper an Bord fahren. Kurz darauf um 16.20 Uhr legte die „Repubblica del Brasile“ ab und wurde vorsichtig rund 80 Kilometer auf der Elbe ins Meer gelotst – vorbei an stattlichen Häusern und friedlichen Landschaften. Nachts machte sich ein leichter Schwindel bemerkbar. Aber die prophylaktisch eingenommene Reisetablette half. Morgens um vier Uhr kamen wir in Tilbury an.

Hamburg Abfahrt