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Sonntag, 22. Juli 2012

Roraima – we did it!

Bei unserer Ankunft in Boa Vista war das jährliche Stadtfest mit dem Stadtlauf und farbigen Folkloreaufführungen auf der Plaza im Gange. Nach einer weiteren Übernachtung im Park fuhren wir Richtung Venezuela und liessen den Regenwald hinter uns. Nach drei Stunden Fahrt erreichten wir den brasilianischen Zoll und holten die Ausreisestempel. Und schon standen wir vor der modernen, etwa zehnmal grösseren venezolanischen Grenzstation. Das ganze Zollpersonal trug das rote Hemd, wie man es vom Präsidenten Hugo Chavez kannte. Natürlich begrüsste er uns von zahlreichen Portraits, die überall an den Wänden hingen. So schnell erhielten wir das Visum und die abgestempelten Pässe noch in keinem anderen Land. Die Formalitäten für das Wohnmobil dauerten dann etwas länger – schlussendlich durften wir drei Monate in Venezuela bleiben. Die erste Militärkontrolle am Zoll winkte uns freundlich durch. Wir waren in Venezuela! 
 
Die Strecke bis Santa Elena beträgt nur 15 km, aber schon kam wieder eine Militärkontrolle. Aber auch hier ein freundlicher Handschlag und ein „como estan?“ (wie geht’s?). Es wird in Venezuela noch viele Militärkontrollen geben – wenn die Behandlung so bleibt, gibt es nichts zu beklagen! Von Reiseführern und -berichten wussten wir, dass Venezuela leider nicht zu den sichersten Reiseländern der Welt gehört. Deshalb verzichteten wir auf freies Campieren und fuhren zum Campamento Wuari, neun Kilometer nördlich der Stadt. Nach zwei Tagen wechselten wir zur Posada Los Pinos, wo wir das Wohnmobil sicher im Innenhof abstellen und campieren konnten. Die Posada gehört dem Deutschen Eric, der mit Backpacker Tours zahlreiche Touren in der Region anbietet. Er erzählte uns, dass in zwei Tagen eine sechstägige Trekkingtour auf den Roraima starten würde und ob wir nicht Lust hätten, mitzugehen.
Aber zuerst mussten wir noch zu venezolanischen Bolivares kommen. Zum ersten Mal in Südamerika funktionierten die Bankkarten nicht, da in Venezuela eine zusätzliche zweistellige Identifikationsnummer verlangt wird. Wir fuhren deshalb nochmals zurück über die Grenze, wo es einen brasilianischen Geldautomaten gab. Wir deckten uns mit so vielen Reais ein, wie der Kasten hergab. Die venezolanische Währung ist staatlich kontrolliert und hat einen festen Wechselkurs von 4,30 Bolivares für einen U$. Dies ist die Basis für alle offiziellen Transaktionen, obwohl der „Bolivar forte“ stark überbewertet ist. Dadurch ist natürlich ein Schwarzhandel entstanden. „Schwarzwechseln“ ist illegal, aber auf der Strasse in Santa Elena erhielten wir rund 100% über dem regulären Wechselkurs.
Venezuela ist reich an Erdöl und die Treibstoffpreise werden künstlich sehr tief gehalten. Gleich nach der Grenze gibt es extra eine Tankstelle für Ausländer, insbesondere für Brasilianer. Der Treibstoff ist hier zwar noch um einiges teurer als im Inland, aber immer noch viel billiger als in den angrenzenden Ländern. Für einen Liter Diesel bezahlten wir zwei Bolivares, was, mit dem inoffiziellen Wechselkurs gerechnet, etwa 22 Schweizerrappen entsprach. Grotesk, ein Liter UHT-Milch kostet 15 Bolivares, das x-fache von einem Liter Diesel!
Mit einer Gruppe Reisenden aus Frankreich, Deutschland, Schweiz, Israel und Japan nahmen wir an einem Sonntag den Roraima Trek in Angriff. Der Roraima, mit 2723 m der höchste Tafelberg der Welt, liegt im Dreiländereck Venezuela, Brasilien und Guyana. Mit seinen senkrechten Felswänden scheint er kaum bezwingbar. Aber es gibt einen schmalen, steinigen Pfad, der auf die 34 km2 grosse Hochebene führt. Das Hochplateau ist seit vielen Millionen Jahren von ihrem biologischen Umfeld isoliert, so dass sich dort oben einzigartige (endemische) Tier- und Pflanzenarten entwickelt haben.
Die Besteigung des Roraima muss von einem Pemonindianer-Führer begleitet sein. Alvan, unser Guide, kannte den mysteriösen Roraima bestens. Vier weitere Begleitpersonen trugen unsere Zelte, die Verpflegung und Kocheinrichtung auf den Berg. Sie halfen uns auch bei der Überquerung von Flüssen und Wasserfällen. Der viele Regen liess die Flüsse so anschwellen, dass wir bei der Rückkehr eine Nacht warten mussten und erst am nächsten Morgen mit Hilfe von Seilen die Flüsse bewältigen konnten. Als Europäer staunt man, dass keine Brücken gebaut und die Zeltplätze nicht planiert werden. Aber das macht die Roraima Tour zu einem ganz besonderen Abenteuer in dieser naturbelassenen Gegend. Zum Glück war das Wetter nicht allzu kalt und man konnte am Morgen gleich die nassen Kleider und Schuhe wieder anziehen. Die internationale Gruppe verstand sich sehr gut untereinander und trug zu einem unvergesslichen Erlebnis bei. Und der heftige Muskelkater liess nicht auf sich warten…

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Freitag, 13. Juli 2012

Unbekanntes Guyana

Eigentlich wussten wir vor kurzer Zeit gar nichts über Guyana. Guyana war bis 1966 eine englische Kolonie. Deshalb spricht man nur in diesem südamerikanischen Land englisch und es herrscht Linksverkehr. Das Land hat rund 800‘000 Einwohner, davon stammt die Mehrheit von indischen Landarbeitern und afrikanischen Sklaven ab. Aber die eigentlichen Ureinwohner waren auch hier Indianer. Die Hauptstadt ist Georgetown, welche an der Atlantikküste liegt. Ab der brasilianischen Grenze gibt es nur die Naturstrasse quer durchs dünnbesiedelte Land. Auf dieser Strasse fuhren wir zu Beginn der Regenzeit, bis es kaum mehr weiter ging. Zuerst durchquerten wir eine karge Sabana-Landschaft, aber sehr schnell trafen wie wieder auf Regenwald. Nur wenige Touristen finden den Weg dorthin, da die Verkehrsverbindungen aufwändig und teuer sind. Wir trafen sehr freundliche, einheimische Leute und sahen viele Tiere in der fast unberührten Natur. Da wir nach Venezuela weiter wollten, führte uns der gleiche Weg nach einer Woche zurück nach Boa Vista in Brasilien. 

Grenzformalitäten für Guyana (nur für Wohnmobilreisende wichtig): Eigentlich problemlos und freundlich, aber sie lieben kopierte Dokumente über alles! Das heisst je zwei Kopien von Reisepass, Fahrzeugausweis, internationaler Führerschein und Haftpflichtversicherung bereit halten. Wir wussten dies, vergassen aber die Haftpflichtversicherung, die bisher noch niemand interessierte. Übrigens, sie haben keinen Kopierer beim Zoll! Zum Glück hatten wir das Dokument im Notebook gespeichert. Der hilfsbereite Zollbeamte bot uns seinen PC-Drucker an und alles war okay (kurz darauf fiel der Strom aus). Sonst hätten wir nach Lethem fahren müssen, um die Dokumente zu kopieren. Für uns gab es ein Touristenvisum für 30 Tage, für’s Auto selbst und die Bewilligung, es in Guyana zu fahren, aber nur 14 Tage (trotz internationalem Führerschein); verlängerbar nur in Georgetown! Andere Länder – andere Bestimmungen…

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Montag, 2. Juli 2012

Amazonas erleben

Bei Novo Airão am Rio Negro hörte die Strasse auf. Weiter westwärts in die Nationalparks im Amazonasbecken geht es nur noch per Boot. In der Pousada Bela Vista eines Deutschen verbrachten wir ein ruhiges Wochenende mit Blick auf den Rio Negro, der Beobachtung von Leguanen und rosafarbige Flussdelfine. Auf dem Rückweg nach Manaus machten wir einen Stopp beim Balneario Mato Grosso, einem Restaurant mit Badegelegenheit. Der lauwarme Fluss aus dem Urwald ist zwar bräunlich gefärbt, aber mit bester Wasserqualität. Wohnmobile sind im Amazonasgebiet eher selten. Darum wollten das Restaurantpersonal und ihre Gäste einen Blick ins Innere des Fahrzeugs werfen. Dafür luden sie uns zum gegrillten Fisch ein.

Nach zehn Tagen in der Region von Manaus setzten wir die Reise nach Boa Vista fort, der nördlichsten Stadt von Brasilien. Die gut ausgebaute Strasse führt schnurgerade durch den Regenwald. Immer wieder wurde auf Wasserfälle und Grotten hingewiesen – dankbare Gelegenheiten, um sich im tropischen Klima zu erfrischen. Diese Strecke führte uns auch mitten durch das Reservat der Waimiri Atroari Indianer. Diese Ureinwohner wehrten sich in den Siebzigerjahren heftig gegen den Bau der Strasse – sogar mit Giftpfeilen. Viele Strassenarbeiter seien daran gestorben. Auf Strassenschildern wurde darauf hingewiesen, dass es nicht gestattet sei, anzuhalten, zu fotografieren oder zu filmen. Auf diesen 125 km sahen wir aber weder Hütten noch Indianer, nur Urwald bis zum Strassenrand.
Etwas nördlich davon, überquerten wir den Äquator. Eine Skulptur neben der Strasse wies darauf hin. Tag und Nacht sind hier gleich lang: Die Sonne geht um sechs Uhr auf und um 18 Uhr wieder unter. Bei Caracarei führte eine 700 Meter lange Brücke über den Rio Branco. Da wir grundsätzlich nur Tags über fahren, übernachteten wir wieder einmal bei einer Tankstelle. Am nächsten Vormittag erreichten wir Boa Vista. Wir waren überrascht, hier eine Stadt mit modernen Gebäuden, neue Villenquartiere, frisch geteerte und mehrspurige Alleen sowie grosse gepflegte Parks zu finden. Ob die früheren Goldfunde zu diesem Reichtum führten?

Von und nach Boa Vista führen nur drei Strassen: nach Manaus im Süden, nach Guyana im Nordosten und nach Venezuela im Norden. Bevor wir aber nach Venezuela reisten, machten wir zuerst einen Abstecher nach Guyana.

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