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Donnerstag, 21. Juni 2012

Nach Manaus und an den Amazonas

Wir reisten alleine weiter auf der neuen „Interoceanica Sur“ nach Brasilien. Genauer gesagt war die Strasse nur in Peru neu. Bis in die erste brasilianische Stadt Rio Branco wies die Strasse so viele Löcher auf, wie wir es seit Paraguay nie mehr erlebt haben. Eine neue Herausforderung war die Kommunikation auf Portugiesisch. Nur selten sprach und verstand jemand spanisch oder englisch – da half nur unsere Körpersprache weiter. Trotzdem interessierten sich die Leute für uns und unsere Reise.
In den 80er Jahren wurde zirka ein Viertel des Regenwaldes durch Brandrodungen für Weide- und Ackerland urbar gemacht. Kautschuksammler und Indianer, die vorher im Regenwald lebten, wurden verdrängt. Dies führte zu sozialen Spannungen und in Xapuri wurde im Jahr 1988 Francisco Alves Mendes oder kurz „Chico Mendes“ genannt, ein Umweltschützer und Oppositionsführer, ermordet, was auch international zu grossen Protesten führte. Seither gilt er als grosser Held.
In Porte Velho stellten wir mit Überraschung fest, dass die auf der Karte eingetragene Ruta 319 nach Manaus nicht mehr befahrbar sei. Diese Strasse wurde auch von der Regierung aufgegeben. Der Regen spülte zu viele Strassenabschnitte und Brücken weg. Als interessante Alternative bot sich uns die Weiterreise mit einem Frachtschiff auf dem Rio Madeira an. Wir waren die einzigen Passagiere und konnten das Wohnmobil zuvorderst auf der Plattform, die mit unzähligen Getreidesäcken und Kisten voller Knoblauch beladen war, hinstellen. Ruhig und an bester Aussichtslage glitten wir flussabwärts. Wir hörten nur ein leises Plätschern des Wassers, da wir die Schiffsantriebsmaschine hinter der grossen Ladung gar nicht mehr wahrnehmen konnten. Vier Tage und vier Nächte waren wir ununterbrochen unterwegs – Erholung pur!
Morgens um sieben Uhr erreichten wir den Hafen von Manaus. Die Temperatur stieg schon bald auf über dreissig Grad. Emsiges Treiben überall – alle Güter der kleineren Frachtschiffe wurden noch von Hand beziehungsweise auf schwitzenden Schultern und Rücken auf die wartenden Lastwagen umgeladen. Die einzige Strasse von und nach Manaus kommt von Venezuela aus dem Norden. Deshalb spielt der Transport auf dem riesigen Amazonas und seinen Nebenflüssen eine zentrale Rolle. Eigentlich erstaunlich, dass sich Mitten im Urwald eine Stadt von fast zwei Millionen Einwohnern entwickeln konnte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Manaus nach der Erfindung des Gummireifens und dem Anbau von riesigen Kautschukplantagen für kurze Zeit die reichste Stadt der Welt. Aus jener Zeit stammt das grosse Opernhaus, das Teatro Amazonas. Sein gesamtes Baumaterial wurde aus Europa importiert. In der Nähe von Manaus besuchten wir das eindrückliche Kautschuk Museum, das für den Spielfilm „Jungle“ aufgebaut wurde. Anschliessend fuhren wir über die neue Hängebrücke über den Rio Negro, der in Manaus in den Amazonas mündet. Das Niveau der Flüsse war jetzt am Ende der Regenzeit am Höchsten und die Ufer waren überflutet. Auch ein Stadtteil von Manacapuru lag unter Wasser. Deshalb konnten die Häuser nur auf Holzstegen erreicht werden.

Man glaubt es kaum, wir baden in der Nähe von Manaus zum ersten Mal auf unserer Reise in einem warmen See! Sommer ist wunderbar…

Bilder

Sonntag, 3. Juni 2012

Sévérine – zu Dritt in Peru

Wir freuten uns sehr auf die Ankunft unserer Tochter Sévérine. Nach ihrem langen Flug via Amsterdam und einer Übernachtung in Lima empfingen wir sie am 14. Mai auf dem Flughafen in Arequipa. Nach mehr als einem Jahr feierten wir das erste Wiedersehen auf dem Camping des Hostals Las Mercedes. Die attraktive Stadt auf 2350 Meter über Meer war der ideale Standort, damit sich Sévérine langsam an die Höhe und eine neue Kultur akklimatisieren konnte.

Nach einigen Tagen ging’s zuerst nach Chivay, dem Ausgangspunkt für den Colca Canyon. Dank viel Coca-Tee bestand Sévérine den ersten Höhentest über den Patapampapass von 4800 m bestens. Im Thermalbad von Chivay erholten wir uns, bevor wir zum Cruz del Condor fuhren. Dort übernachteten wir in einer klaren und kalten Nacht im Wohnmobil auf dem Parkplatz. Am folgenden Morgen waren wir die Ersten am östlichen Beobachtungspunkt. Nach längerem Warten stiegen ein paar Kondore aber im Westen des Canyons auf! Das Spektakel vom letzten Jahr, als wir zum ersten Mal hier waren, hielt sich leider in Grenzen.

Nächstes Ziel waren die Grabtürme von Sillustani und die schwimmenden Inseln im Titicacasee bei Puno. Anschliessend fuhren wir nach Cusco – der Hauptstadt des ehemaligen Inkareiches. Es fiel uns auf, dass die Landschaft nach der Regenzeit im Sommer viel grüner war als im letzten August. Sévérine machte sich allein auf den Weg zum Machu Picchu. Tief beeindruckt kam sie zurück und genoss mit uns einige Tage auf dem Camping Quinta Lala. Dazu gehörte auch ein BBQ mit feinstem Alpaca- und Rindfleisch. Spannend war für sie auch der Kontakt zu anderen Langzeitreisenden.

Eigentlich war vorgesehen, dass wir mit Sévérine nach Lima fahren, wo sie am ersten Juni ihren Rückflug in die Schweiz hatte. Kurz entschlossen entschieden wir uns für eine Tour in den südperuanischen Dschungel. Auf einer neu asphaltierten Strasse von rund 500 km erreichten wir nach zwei Tagen das warme und feuchte Puerto Maldonado, das nur noch auf 200 m liegt. Dort erwartete uns Jhon, unser Urwaldführer, mit Yeni, der jungen Köchin und Hilmer, dem Bootsführer, für eine dreitägige Dschungeltour. Nach zehn Stunden Flussfahrt durch den Urwald erreichten wir das Basislager am Rio Pariamanú. Unterwegs gab es immer wieder interessante Beobachtungen wie Goldwäscher, Holztransporte per Boot, Kaimane, Schildkröten, Vögel und Schmetterlinge. Gekocht und gegessen wurde an Bord, geschlafen im Zelt und gewaschen im Fluss – Natur pur! Der Höhepunkt waren die vielen Papageien, die wir aus nächster Nähe beobachten konnten. Jhon wusste auch sonst viel Interessantes über Tiere und Pflanzen zu erklären. Wieder zurück in Puerto Maldonado erholten wir uns in der Anaconda Lodge. Hier machte Sévérine die Bekanntschaft mit einem anhänglichen jungen Brüllaffen. Viel zu schnell verging die schöne, gemeinsame Zeit mit Sévérine. Mit einem Inlandflug reiste sie via Cusco nach Lima und erreichte noch rechtzeitig ihren Rückflug heim nach Zürich.

Und wir reisen weiter auf der neuen Interoceanica Sur nach Brasilien. Wir versuchen auf dem Landweg nach Manaus zu fahren, um später sozusagen durch die Hintertüre nach Venezuela zu gelangen. Dort erwarten wir Ende August Barbara, unsere zweite Tochter, zu Besuch.