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Samstag, 20. Oktober 2012

Kolumbien – viel mehr als Kaffee

Viele Reisende, die wir weiter im Süden getroffen haben, schwärmten von Kolumbien. Und tatsächlich, der Unterschied zu Venezuela war deutlich: Die Leute waren freundlich, neugierig, hilfsbereit und lachten viel. Wir hatten den Eindruck, alles sei sauber und gepflegt, vor allem die weissen Kolonialbauten mit den geschnitzten Holzbalkonen und roten Ziegeldächern. Schluss war aber auch mit dem sozusagen „Gratisdiesel“ von Venezuela - in Kolumbien kostete der Liter Diesel wieder rund einen Franken. Und alle …zig Kilometer waren happige Strassengebühren zu bezahlen. Kolumbien ist für Reisende viel sicherer geworden, denn Militär- und Polizeikräfte sind allgegenwärtig. Trotzdem machen die FARC und andere Guerillagruppen den Kolumbianern das Leben schwer. Immer wieder gibt es Überfälle und Entführungen. Touristen sind aber selten betroffen. Das heisst aber auch, dass man entlegene Gebiete und Nachtfahrten meiden soll. Wir informierten uns jeweils bei Polizei, Militär und Einheimischen über die Sicherheitslage. Bis jetzt Glück gehabt…

Von Cúcuta fuhren wir nach Pamplona, einer alten Universitätsstadt in den Bergen Kolumbiens. Anschliessend wählten wir eine landschaftlich schöne Route über Malaga und Sogamoso zur Laguna de Tota. Auf über dreitausend Metern werden hier überall Zwiebeln angebaut. Nach über 50‘000 km hatten wir in dieser Gegend den ersten Platten. Es reichte aber noch bis zur nächsten Werkstatt, sodass der Wagenheber noch nicht zum Einsatz kam. Weiter ging’s nach Villa de Leyva, einer Kolonialstadt wie aus dem Bilderbuch. Hier gefiel es uns so gut, dass wir zehn Tage auf zwei verschiedenen Campingplätzen stecken blieben. Nach längerer Zeit trafen wir wieder Laura und Heiri aus Steffisburg sowie andere Reisende aus Europa. Kolumbien liegt halt an der Nord-Süd- oder Süd-Nord-Strecke. Wieder allein, fuhren wir vom trockenen Villa de Leyva zum im Grünen gelegenen Stausee Neusa.
Auf dem Weg nach Bogotá besuchten wir die unterirdische Salzkathedrale in Zipaquirá – 180 m unter der Erde. Sie entstand in den Jahren 1992 bis 1995 und umfasst 8500 m2. Riesige Mengen Gestein und Salz wurden ausgebaut. Alles ist aus Salz, viele Kreuze und sogar das Taufbecken, wir haben’s probiert!
Mutig und ohne GPS steuerten wir auf die 8-Millionen-Stadt Bogotá zu. Diese Riesenstadt besitzt keine U-Bahn, dafür eine exklusive Buslinie – TransMilenio genannt – welche durch die ganze Stadt führt. Wir folgten dieser Busstrecke und gelangten so problemlos ins Zentrum und zur attraktiven Altstadt La Candelaria. Das Wohnmobil blieb auf einem bewachten Parkplatz in der Nähe unseres Hostals Platypus. Zu Fuss erkundeten wir während drei Tagen die Sehenswürdigkeiten, schlenderten durch die kolonialen Gassen der Altstadt und stiegen auf den Cerro Monserrate, von wo aus man eine herrliche Rundsicht auf die riesige Stadt hatte.
Nach der turbulenten Grossstadt in den Bergen zog es uns in die heisse und stille Tatacoa-Wüste in der Nähe von Neiva im Tal des Rio Magdalena. Die Wüste besteht aus welligem, rotbraun gefärbtem Land, in das die Erosion bizarre Canyons gefressen hat. Überraschenderweise gab es mitten in der Wüste zur Erfrischung ein kleines Bad, gespeist von einer kühlen Wasserquelle. Weiter oben im Tal des Rio Magdalena liegt San Agustin. Hier befindet sich eine der bedeutendsten archäologischen Fundstätte Südamerikas (UNESCO-Weltkulturerbe). Indianer aus der vorkolumbianischen Zeit schufen Hunderte aus Lavastein und Basalt gehauene Statuen und Grabstätten. Heute baut die indianische Landbevölkerung in diesem grünen Hügelgebiet Kaffee, Bananen, Maniok, Mais und Zuckerrohr an. Wir genossen das angenehme Klima auf dem gemütlichen Camping Gamecelat, welcher mit einem grossen Holzofen zum Backen einlud und von wo wir eine schöne Tour zu Pferd unternahmen.

Bei sonnigem Wetter fuhren wir weiter südwärts nach Mocoa und dann nach Lago Agrio in Ecuador. Polizei, Militär und Einheimische hatten keine Bedenken betreffend Sicherheit. Und tatsächlich gab es keine Probleme mit Guerillas. Die Strecke in der sanften Hügellandschaft hat uns sehr gut gefallen. Zwischen Santa Ana und bis etwas südlich von Orito (ca. 50 km) war eine miserable Schotterpiste zu bewältigen. Von Orito bis an die Grenze Ecuadors gab es aber eine neue betonierte Strasse, die fast fertig war.

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Dienstag, 18. September 2012

Hasta luego Venezuela – Bienvenidos a Colombia

Nach über zwei Monaten verliessen wir am 18. September Venezuela bei San Cristobal Richtung Kolumbien. Unsere Reise verlief problemlos. Anscheinend verhielten wir uns als Touristen richtig. Die vielen Polizei- und Militärkontrollen sind zwar lästig, aber tragen vermutlich zur Sicherheit bei. Von den Risiken, in Venezuela mit dem Wohnmobil zu reisen, spürten wir nichts. Allerdings campierten wir eher selten frei, sondern bevorzugten Posadas, die nicht teuer waren. Jedenfalls sind wir sehr froh, die Route über Brasilien – Guayana – Venezuela gewählt zu haben, denn Venezuela hat uns sehr viel geboten (siehe die Post-Einträge im Blog).

Samstag, 15. September 2012

Barbara – zu fünft in Venezuela

Am 30. August spät abends trafen endlich unsere drei Touristinnen aus der Schweiz in Mérida ein. Mit grosser Begeisterung erzählten sie uns von ihrer Salto Angel Tour. Mit fast 1000 Meter Fallhöhe ist der Salto Angel der höchste Wasserfall der Erde. Nach einem verlängerten Wochenende mit Plaudern und der Geburtstagsfeier von Brigitte, starteten wir gemeinsam eine viertägige Tour in die Llanos. Die Fahrt führte von Mérida über den 3550 Meter hohen Mucubaji und hinunter nach Barinas. Die Llanos bestehen aus einem riesigen Flachland in der Grösse von Deutschland und sie sind mit vielen Flussläufen durchzogen. In der Regenzeit steht der grösste Teil unter Wasser. Im Bundesland Apure, wo die meisten Tiere vorkommen sollen, logierten wir auf einem Hato (Rinderfarm). Als Nebenerwerb werden Verpflegung und einfache Unterkunft sowie Tierbeobachtungen im Boot und zu Pferd für Touristen angeboten. In nächster Nähe leben grosse Rinderherden und Pferde mit Wildtieren zusammen. Hier sahen wir Kaimane, Wasserschweine, Ameisenbären, Leguane, Schildkröten und unzählige Vogelarten. Da blieben die Kameras nicht lange im Rucksack. Wir lernten auch Piranhas fangen und durften sie anschliessend auch essen – schmeckt lecker!

Über Barquisimeto fuhren wir auf einer langen aber wunderschönen Strasse auf die Sierra de San Luis. Unsere Barbara wollte natürlich auch einmal den Camper fahren. Und prompt stoppte uns eine Polizeikontrolle und wollte die Ausweise sehen. Einen internationalen Führerausweis hatte sie nicht und den nationalen Führerausweis liess sie zu Hause. Keck streckte sie dem Beamten das SBB-Generalabonnement entgegen – und er liess uns weiterfahren!
In San Luis übernachteten wir in der kolonialen Posada Don Aguedo. Am nächsten Vormittag besuchten wir die Finca El Monte, wo der Franzose Dominique und seine Frau unter anderem vorzüglichen Kaffee anbauen. Mit der Karibikküste vor Augen ging es steil zur heissen Stadt Coro hinunter (36oC). Auch hier bestaunten wir gut erhaltene Kolonialbauten und die dahinterliegenden Sanddünen. Der Ort Chicheriviche an und für sich, wäre keine Reise wert – leider überall viel Abfall. Doch die nahen Inseln sind einfach traumhaft und das Wasser „karibisch“. Bereits drei Wochen vorher waren wir zwei schon in Choroni und unsere Girls liessen sich gerne überreden, ihre letzten Ferientage in Venezuela dort am Strand zu geniessen. Und viel zu rasch kam die Zeit des Abschieds. Wir fuhren sie noch mit dem Wohnmobil zum Flughafen in Caracas. Das hätten wir uns vor ein paar Monaten nie vorstellen können, denn alle sprachen immer von der grossen Gefahr – muy peligroso! Mit vielen Erinnerungen und Eindrücken sowie noch mehr Fotos kehrten sie zurück in die Schweiz.

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Mittwoch, 29. August 2012

Die venezolanische Karibikküste geniessen

Zuerst genossen wir auf der Halbinsel von Araya das kristallklare und warme Wasser der Karibik – zwei Bleichgesichter (aber nicht sehr lange) zwischen schokoladebraunen Einheimischen! Dann besuchten wir den maritimen Nationalpark Mochima, dessen Attraktionen grösstenteils am und unter Wasser zu finden sind. Mochima hat betreffend Sicherheit einen sehr guten Ruf, weshalb wir zuerst beim Bootshafen und später in der Strasse bei der Posada Girasol, die von der netten Schweizerin Brigitte geführt wird, ruhige Standplätze hatten. Einsame Strände, wunderschöne Korallenbänke, Delfine, Meeresschildkröten, Seesterne und viele Fische entdeckten wir auf unseren Boots- und Kajaktouren.

Etwas Sorgen machte uns die Schaltung bei unserem Fahrzeug. Das Schalten war nur noch mit grosser Kraft möglich und schlussendlich konnten wir die Gänge fünf und sechs nicht mehr benutzen – ein Werkstattbesuch war angezeigt. In Cagua fanden wir professionelle Unterstützung bei der Mercedes-Garage, obwohl sie dort noch nie dieses Sprintermodell aus Europa gesehen hatten. Der Grund für die Probleme lag bei einem korrodierten Teil am Schaltungsgestänge (siehe Fotos). Nach dem Schmirgeln und Polieren bauten sie das Teil mit viel Fett wieder ein. Und siehe da, die Schaltung ging wieder perfekt. Nach mindestens vier Stunden Arbeit durch zwei Mechaniker belief sich die Rechnung nur auf rund 100 Franken. Damit konnten wir natürlich sehr gut leben, beziehungsweise weiterreisen.
Nachdem wir einen grossen Bogen um die Stadt Caracas gemacht hatten, fuhren wir nochmals nördlich an die Karibik, genauer nach Choroni und Puerto Colombo. Zuerst mussten wir den Pass von 1500 m mit vielen Kurven, durch den nach dem Schweizer Henri Pittier benannten Nationalpark, überqueren. Wir konnten unser Wohnmobil direkt an der wunderschönen Playa Grande platzieren – gut bewacht von der Polizei, die aber von uns 200 Bolivares pro Tag verlangte. Die hervorragende Lage war uns diese sogenannte „Colaboración“ wert. Allerdings stellt sich die kritische Frage, ob dies nicht mit Korruption zu tun hatte? Per Boot besuchten wir auch den kleinen Ort Chuao, wo hervorragender Kakao angebaut wird. Dann ging’s zurück nach Maracay und über die Llanos-Route nach Barinas und schliesslich über die steile Strasse auf den 3550 m hohen Pass und wieder hinunter nach Mérida, wo wir in wenigen Tagen unsere Barbara und ihre Kolleginnen Fabienne und Mélanie erwarteten.

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Samstag, 25. August 2012

Willkommen in Venezuela - Bienvenidos

Heute fliegen unsere Tochter Barbara und ihre Kolleginnen Fabienne und Mélanie nach Caracas, Venezuela. In den nächsten Tagen besuchen sie den Salto Angel, mit 1000 m Fallhöhe der grösste Wasserfall der Welt. Anschliessend treffen wir uns in Mérida, im Westen von Venezuela. Wir wünschen ihnen einen kurzweiligen Flug und freuen uns riesig auf das Wiedersehen.

Samstag, 11. August 2012

Der lange Weg an die Karibik

Nachdem wir uns vom Roraima Trek erholt hatten, fuhren wir nordwärts durch die Gran Sabana. In der eindrücklichen Landschaft bestaunten wir kleinere und grössere Wasserfälle. In deren Nähe gab es einfachste Campingplätze, wo wir zweimal übernachteten. Diese werden von Pemón-Indianern, die in bescheidenen Siedlungen leben, betrieben. Beim Salto Kawi fertigte ein Pemón-Indianer vor unseren Augen einen Anhänger aus dem lokalen Gestein an. Da wir von Süden kamen, merkten wir kaum, dass die Strasse stetig anstieg und wir schliesslich auf 1440 m den höchsten Punkt erreichten. Dann ging es steil hinunter in den grünen Urwald. 

Bei El Dorado überquerten wir den Rio Cuyuní, wo der legendäre Schweizer Bruno (gemäss Reiseführer) das Campamento El Encanto Cuyuní führt. Schon von der Brücke aus sahen wir die Schweizer Fahne! Eigentlich sind es zwei Brücken. Die ältere Brücke, von Gustave Eiffel (wie der Eiffelturm in Paris) erbaut, ist allerdings nicht mehr befahrbar. Bruno war abwesend und weilte zu dieser Zeit in der Schweiz. Ruedi, ein zweiter Schweizer von bald siebzig Jahren, lebte ebenfalls auf diesem Campo. Der Berner liess sich vor rund 25 Jahren in Venezuela nieder und bewirtschaftete eine Finca (Bauernhof). Vor drei Jahren enteignete ihn die aktuelle Regierung und er verlor die Finca ohne eine Entschädigung zu erhalten. Trotz diesem Schicksalsschlag blieb der aufgestellte Ruedi in Venezuela. Er erzählte uns von seinen vielen Erlebnissen. Wir genossen acht spannende Tage auf dem El Encanto Cuyuni und feierten sogar den 1. August zusammen. Der nahe gelegene Ort El Dorado hat schon bessere Zeiten gesehen. Es gibt zwar immer noch Gold- und Diamantensucher. Aber vermutlich wird heute mehr Geld mit Treibstoffschmuggel nach Guyana auf dem Rio Cuyuní verdient. Das Gefängnis von El Dorado, das im verfilmten Bestseller „Papillon“ vorkommt, existiert noch immer.
Eigentlich hatten wir nicht die Absicht, in Puerto Ordaz länger zu verweilen. An einem regnerischen Sonntag sprach uns aber der Venezolaner Gregory bei einer Rotlichtampel an und lud uns spontan zu einer Schifffahrt auf dem Rio Caroní und Rio Orinoco ein. Später landeten wir bei ihm zu Hause zum Nachtessen mit seiner Familie. Am nächsten Tag nahm sich der Besitzer einer Eiswürfelfabrik frei und zeigte uns stolz die Sehenswürdigkeiten bis hin zu Ciudad Bolivar. Bis zum Abend legten wir rund 300 km in seinem grossen Auto zurück. Als wohlhabender Geschäftsmann vertrat Gregory eine kritische Einstellung gegenüber der aktuellen Regierung von Hugo Chavez. Er meinte, Venezuela sei ein reiches Land (z.B. Erdöl, reiche Bodenschätze, grosse Wasserkraftwerke), aber die grosse Mehrheit der Bevölkerung sei arm und leider etwas arbeitsscheu. Am 7. Oktober 2012 wird gewählt. Es ist kaum anzunehmen, dass sich etwas ändern wird, da Chavez im Moment grosse Versprechungen an die Ärmeren macht. Die Einnahmen der verstaatlichten Betriebe werden grosszügig verteilt und für die Instandhaltung und Neuinvestitionen bleibt zu wenig übrig. Wo führt das wohl hin?
Unsere Fahrt ging weiter via Maturín nach Carúpano am karibischen Meer. Im Innern des Landes sind die Autokolonnen vor den Tankstellen kürzer und der Treibstoff nochmals viel billiger als in den Grenzgebieten. Für 62 Liter Diesel bezahlten wir nur 2,98 Bolivares (siehe Foto), was total etwa 35 Schweizerrappen entsprach – kaum zu glauben, aber wahr! Sahen wir deshalb so viele alte „Benzinschlucker“ aus den USA? In keinem südamerikanischen Land war der Unterschied zwischen uralten und neuen Autos so frappant wie in Venezuela.

Sonntag, 22. Juli 2012

Roraima – we did it!

Bei unserer Ankunft in Boa Vista war das jährliche Stadtfest mit dem Stadtlauf und farbigen Folkloreaufführungen auf der Plaza im Gange. Nach einer weiteren Übernachtung im Park fuhren wir Richtung Venezuela und liessen den Regenwald hinter uns. Nach drei Stunden Fahrt erreichten wir den brasilianischen Zoll und holten die Ausreisestempel. Und schon standen wir vor der modernen, etwa zehnmal grösseren venezolanischen Grenzstation. Das ganze Zollpersonal trug das rote Hemd, wie man es vom Präsidenten Hugo Chavez kannte. Natürlich begrüsste er uns von zahlreichen Portraits, die überall an den Wänden hingen. So schnell erhielten wir das Visum und die abgestempelten Pässe noch in keinem anderen Land. Die Formalitäten für das Wohnmobil dauerten dann etwas länger – schlussendlich durften wir drei Monate in Venezuela bleiben. Die erste Militärkontrolle am Zoll winkte uns freundlich durch. Wir waren in Venezuela! 
 
Die Strecke bis Santa Elena beträgt nur 15 km, aber schon kam wieder eine Militärkontrolle. Aber auch hier ein freundlicher Handschlag und ein „como estan?“ (wie geht’s?). Es wird in Venezuela noch viele Militärkontrollen geben – wenn die Behandlung so bleibt, gibt es nichts zu beklagen! Von Reiseführern und -berichten wussten wir, dass Venezuela leider nicht zu den sichersten Reiseländern der Welt gehört. Deshalb verzichteten wir auf freies Campieren und fuhren zum Campamento Wuari, neun Kilometer nördlich der Stadt. Nach zwei Tagen wechselten wir zur Posada Los Pinos, wo wir das Wohnmobil sicher im Innenhof abstellen und campieren konnten. Die Posada gehört dem Deutschen Eric, der mit Backpacker Tours zahlreiche Touren in der Region anbietet. Er erzählte uns, dass in zwei Tagen eine sechstägige Trekkingtour auf den Roraima starten würde und ob wir nicht Lust hätten, mitzugehen.
Aber zuerst mussten wir noch zu venezolanischen Bolivares kommen. Zum ersten Mal in Südamerika funktionierten die Bankkarten nicht, da in Venezuela eine zusätzliche zweistellige Identifikationsnummer verlangt wird. Wir fuhren deshalb nochmals zurück über die Grenze, wo es einen brasilianischen Geldautomaten gab. Wir deckten uns mit so vielen Reais ein, wie der Kasten hergab. Die venezolanische Währung ist staatlich kontrolliert und hat einen festen Wechselkurs von 4,30 Bolivares für einen U$. Dies ist die Basis für alle offiziellen Transaktionen, obwohl der „Bolivar forte“ stark überbewertet ist. Dadurch ist natürlich ein Schwarzhandel entstanden. „Schwarzwechseln“ ist illegal, aber auf der Strasse in Santa Elena erhielten wir rund 100% über dem regulären Wechselkurs.
Venezuela ist reich an Erdöl und die Treibstoffpreise werden künstlich sehr tief gehalten. Gleich nach der Grenze gibt es extra eine Tankstelle für Ausländer, insbesondere für Brasilianer. Der Treibstoff ist hier zwar noch um einiges teurer als im Inland, aber immer noch viel billiger als in den angrenzenden Ländern. Für einen Liter Diesel bezahlten wir zwei Bolivares, was, mit dem inoffiziellen Wechselkurs gerechnet, etwa 22 Schweizerrappen entsprach. Grotesk, ein Liter UHT-Milch kostet 15 Bolivares, das x-fache von einem Liter Diesel!
Mit einer Gruppe Reisenden aus Frankreich, Deutschland, Schweiz, Israel und Japan nahmen wir an einem Sonntag den Roraima Trek in Angriff. Der Roraima, mit 2723 m der höchste Tafelberg der Welt, liegt im Dreiländereck Venezuela, Brasilien und Guyana. Mit seinen senkrechten Felswänden scheint er kaum bezwingbar. Aber es gibt einen schmalen, steinigen Pfad, der auf die 34 km2 grosse Hochebene führt. Das Hochplateau ist seit vielen Millionen Jahren von ihrem biologischen Umfeld isoliert, so dass sich dort oben einzigartige (endemische) Tier- und Pflanzenarten entwickelt haben.
Die Besteigung des Roraima muss von einem Pemonindianer-Führer begleitet sein. Alvan, unser Guide, kannte den mysteriösen Roraima bestens. Vier weitere Begleitpersonen trugen unsere Zelte, die Verpflegung und Kocheinrichtung auf den Berg. Sie halfen uns auch bei der Überquerung von Flüssen und Wasserfällen. Der viele Regen liess die Flüsse so anschwellen, dass wir bei der Rückkehr eine Nacht warten mussten und erst am nächsten Morgen mit Hilfe von Seilen die Flüsse bewältigen konnten. Als Europäer staunt man, dass keine Brücken gebaut und die Zeltplätze nicht planiert werden. Aber das macht die Roraima Tour zu einem ganz besonderen Abenteuer in dieser naturbelassenen Gegend. Zum Glück war das Wetter nicht allzu kalt und man konnte am Morgen gleich die nassen Kleider und Schuhe wieder anziehen. Die internationale Gruppe verstand sich sehr gut untereinander und trug zu einem unvergesslichen Erlebnis bei. Und der heftige Muskelkater liess nicht auf sich warten…

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