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Donnerstag, 3. September 2015

Nicht spektakulär – trotzdem interessant

Wenn man in Ostkanada reist, trifft man eher selten auf Spektakuläres. Aber wenn man die Informationen genauer anschaut, kann man durchaus auf viel Interessantes und Eindrückliches stossen. So erging es uns mit den Schwarzen Loyalisten in Nova Scotia: Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges 1775 bis 1783 versprach die englische Krone entlaufenen Sklaven die Freiheit. Als die Engländer den Krieg verloren, wurden die britischen Loyalisten aus dem Land vertrieben und mit ihnen etwa 3000 freie Farbige. Sie landeten vor allem in Shelburne, an der Atlantikküste von Nova Scotia. Aber Freiheit ist halt ein dehnbarer Begriff. Jedenfalls mussten die Schwarzen bald erkennen, dass sie mit ihrer Loyalität zur englischen Krone nicht viel gewonnen hatten. Von den Behörden erhielten sie keine Unterstützung und die weissen Siedler brachten ihnen offene Feindseligkeit entgegen. Ein paar Jahre später emigrierten viele Enttäuschte nach Sierra Leone in Afrika. Andere blieben und kämpften für Akzeptanz und Chancengleichheit – bis heute! All dies kann man im neuen „Black Loyalist Heritage Komplex“ in Birchtown verfolgen.

Eine weitere traurige Geschichte ist die Vertreibung der Acadiens aus den heutigen Provinzen Nova Scotia, New Brunswick und Prince Edward Island im Jahr 1755. Sie gehörten zu den ersten französischen Siedlern in diesem Gebiet. Durch die ständigen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich über die Vorherrschaft in Europa, aber auch auf dem neuen amerikanischen Kontinent, gehörten sie abwechslungsweise zu den Gewinnern oder Verlierern. Im Jahr 1755 wurden rund 7000 Acadiens nach Frankreich und in die USA (z.B. Louisiana) deportiert, andere flohen nach Québec. Ihre Land, Hab und Gut wurde konfisziert oder angezündet. Etwa zehn Jahre später kehrte ein Teil wieder zurück und fing wieder von vorne an. Es entstanden starke Dorfgemeinschaften mit katholischer Tradition, Kultur und französisch-akadischer Sprache. New Brunswick, die Provinz mit dem höchsten akadischen Bevölkerungsanteil, wurde 1960 offiziell zweisprachig, als einzige Provinz Kanadas. Die akadischen Dörfer erkennt man an den vielen blau-weiss-roten Flaggen mit gelbem Stern. In Point d’Église (Nova Scotia) konnten wir ihre Kultur und Sprache an einer akadischen Musikveranstaltung mit einer Gastgruppe von Louisiana auf eindrückliche Weise miterleben.
Und sonst genossen wir endlose Küstenabschnitte mit gewaltigen Gezeiten, allgegenwärtiger Fischerei, nicht enden wollender Wälder, gedeckten Holzbrücken, Wanderungen, Kajakfahrten, Verpflegung vom Lagerfeuer – nicht viel Spektakuläres halt, aber uns gefiel es sehr. Nun ging’s in den nächsten paar Wochen langsam zurück nach Québec – langsam nach Hause…