Sprache

Dienstag, 26. April 2011

Uruguay - der kleine Nachbar

Auf Uruguay hatten wir uns kaum vorbereitet. Nicht einmal einen Reiseführer kauften wir in der Schweiz. Aber bis jetzt hat sich der Umweg mehr als gelohnt. Die Grenzformalitäten nach der Puerto internacional bei Fray Bentons verlief unkompliziert und sehr freundlich. Auf der Fahrt nach Colonia del Sacramento begegeneten wir überall Mähdrescher und Getreidelastwagen. Wieder einmal ein Hinweis, dass es Herbst geworden ist. Auf dem Weg nach Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay, machten wir einen Abstecher nach Nueva Helvecia - Colonia Suiza. 1862 gründeten Schweizer, Deutsche und Österreicher diesen Ort. Schweizer Kantonswappen an den Häusern und Strassennamen begegnet man überall. Aber Schweizerdeutsch hörten wir nicht mehr! In Parkanlagen am 22 Kilometer langen Strand von Montevideo und in der Altstadt verbrachten wir einige interessante Tage. Da anscheinend die Dieselqualität in Südamerika zu wünschen übrig lässt und oft Wasser enthält, liessen wir hier von Fachleuten einen Wasserabscheider einbauen.

Bilder

Dienstag, 19. April 2011

San Antonio de Areco

Knapp 120 Kilometer westlich von Buenos Aires liegt San Antonio de Areco. Ernesto hat uns den Tipp gegeben. Er sprach uns in perfektem Deutsch auf dem Parkplatz in Buenos Aires an. Ihn interessierte zwar vor allem unser Camper, da er früher in der Autobranche arbeitete, aber dann zum Tourismus wechselte. Seine Eltern flohen vor dem zweiten Weltkrieg aus dem Sudetenland und landeten in Bolivien und später in Argentinien. In San Antonio de Areco wird die Gauchokultur besonders gepflegt. Dies ist auf den Schriftsteller Ricardo Güiraldes zurückzuführen, der in diesem Ort den bekannten Gaucho-Roman Don Segundo Sombra geschrieben hat. In den malerischen Strassen und Plätzen befinden sich zahlreichen Kunsthandwerker für Leder-, Textilien- und Silberschmuckarbeiten. Anscheinend gehören auch die vielen frei lebenden Hunde dazu. Wir erholten uns vom Lärm in der Metropole und planten in der warmen Herbstsonne im ruhigen Camping am Rio de Areco die Weiterreise nach Uruguay.

Dienstag, 12. April 2011

Buenos Aires – Stadt der Gegensätze

Wir stellten unser Wohnmobil auf einem bewachten Parkplatz im Stadtzentrum ab. Nach der ersten Nacht im Hotel übernachteten wir anschliessend immer im Camper. Zum Glück waren wir uns an einen gewissen Lärmpegel vom Schiff her gewöhnt!

Jeder dritte Argentinier lebt im Grossraum der Hauptstadt Buenos Aires. Wie kaum eine andere Stadt Lateinamerikas wurde sie von den europäischen Einwanderern geprägt. Buenos Aires ist eine sehr lebhafte Grossstadt mit 40‘000 Taxis und 18‘000 Autobussen. Zu Fuss, mit Bus und der ältesten Metrobahn Südamerikas (Subte) entdeckten wir die grossen Gegensätze dieser Stadt: Grosszügige Parkanlagen und Fussgängerzonen, noble Einkaufsgalerien und bunter Strassenverkauf nebeneinander, gläserne Wolkenkratzer am Puerto Madera und das ärmliche Viertel La Boca mit Häusern aus mit Schiffsfarbresten bemaltem Blech. In la Boca befindet sich das Stadion des legendären Fussballclubs Boca Juniors, wo Fussballstar Diego Maradona seine Karriere gestartet hat.

Sofort fielen uns die freundlichen, hilfsbereiten und aufgestellten Menschen auf. Kaum zu glauben, dass in diesem Land bis 1983 eine Militärdiktatur mit grenzenlosem Terror regierte. In zehn Jahren verschwanden über 30‘000 Menschen in Folterzentren. Betäubte Menschen wurden von Flugzeugen aus in den Atlantik geworfen. Die Menschenrechtsverletzungen sind bis heute nicht restlos aufgeklärt. In den Zeitungen spürt man bereits, dass im Herbst 2011 Neuwahlen anstehen und die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner wiedergewählt werden möchte.

Buenos Aires – das Ziel rückt immer näher


Nebst dem riesigen Auto Park mit gegen 40‘000 Neuwagen aus aller Welt gab es in Zarate nicht viel zu sehen. Am 8. April gegen Abend starteten wir die letzte Etappe Richtung Buenos Aires. Auf der Flussfahrt hatten wir eine prächtige Aussicht auf die flache Naturlandschaft des Rio Paraná. Langsam zügelten wir unsere Sachen von der Kabine wieder in den Camper. Bei der Ankunft in Buenos Aires war Mitternacht bereits vorbei und wir verbrachten unsere letzte Nacht an Bord. Die Einreise- und Zollformalitäten am nächsten Vormittag verliefen mit Unterstützung der italienischen Grimaldi-Reederei reibungslos. Nach genau dreissig Tagen verliessen wir am Samstag, 9. April 2011 die Repubblica del Brasile. Fazit: Die Frachtschiffreise gefiel uns sehr. Wir hatten Zeit - viel Zeit sogar, um den bisherigen Lebensrhythmus zu verlangsamen, Unbekanntes zu erleben und unsere Weiterreise zu planen.

Diaschau

Donnerstag, 7. April 2011

Von Santos nach Zarate

Nach rund 14 Stunden erreichten wir am 2. April bei Sonnenaufgang Santos – grösster Hafen Brasiliens. Nach dem Frühstück erhielten wir bis 14 Uhr bewilligten Landgang. Da das Internetcafé erst um 11 Uhr öffnete, besuchten wir zuerst den Strand unmittelbar bei der Stadt und genossen einen Apéro. In Brasilien spricht man portugiesisch. Nur wenige sprechen englisch, deshalb war die Verständigung nicht ganz einfach. Aber es gelang uns trotzdem, unseren Blog endlich zu aktualisieren und einige Mails zu lesen. Aus Zeitgründen weist die Google-Karte noch eine grosse Lücke auf – wir mussten zurück aufs Schiff. Aber wie gewohnt, dauerte es noch drei Stunden bis zum Ablegen. Langsam führte uns der Lotse aus der Bucht, am alten Hafen, der Stadt und dem Strand entlang.
Am 5. April erreichten wir den Rio de la Plata – die grosse Bucht vor Montevideo (Uruguay) und Buenos Aires (Argentinien). Unser Ziel war vorerst nicht Buenos Aires, sondern Zarate, das etwa 90 Kilometer hinter der Hauptstadt Argentiniens liegt. In Zarate liegt der grösste Autohafen, wo unsere neuen deutschen Autos erwartet wurden. Das Schiff wurde aber immer langsamer und etwa 20 Kilometer vor Buenos Aires kam es zum Stillstand. Infolge Überlastung des Hafens in Zarate mussten wir - und über zwanzig andere Frachter - rund 30 Stunden bei schönstem „Herbstwetter“ im Rio de la Plata warten. Bei Sonnenuntergang und Mondaufgang ging es endlich weiter, vorbei an den beleuchteten Skylines von Buenos Aires. Leider bekamen wir auf der Fahrt auf dem Rio Paraná in der Dunkelheit nicht viel mit. Morgens um drei Uhr kamen wir in Zarate an.

Samstag, 2. April 2011

Rio de Janeiro vom Schiff aus

Am 31. März näherten wir uns langsam der Küste von Rio de Janeiro. Aber erst um ein Uhr nachts legten wir bei strömendem Regen bei 24°C im Hafen von Rio an. Am Morgen versuchten wir ein Taxi für eine kurze Stadtrundfahrt zu organisieren. Leider ohne Erfolg kehrten wir bald wieder zum Schiff zurück. Bereits am Nachmittag verliessen wir Rio in Richtung Santos. Unsere Eindrücke von Rio, seinem berühmten „Zuckerhut“ (394 m) und der Praia de Copacabana (kurz vor der Abenddämmerung) hielten wir mit Fotoaufnahmen vom Frachtschiff aus fest. Die Hafenaktivitäten sowie die Gegensätze zwischen Skyline und Favelas waren auch so beeindruckend.

Diaschau

BBQ auf dem Atlantik

Die Temperaturen stiegen täglich bis über dreissig Grad. Wir verbrachten viel Zeit auf Deck und genossen die unendliche Weite des Meeres. Nur noch ganz selten kreuzten wir andere Schiffe. Endlich fanden wir Zeit, den mitgenommenen Spanischlehrgang zu starten. Hie und da konnten wir fliegende Fische, Delfine und Seemöwen beobachten. Am Sonntagabend gab es BBQ auf Deck mit der ganzen Mannschaft. Einige Stunden später fuhren wir über den Äquator. Ab jetzt befinden wir uns auf der südlichen Erdhalbkugel. Die Sonne steht nun am Mittag im Norden und nicht mehr im Süden. Und der Mond nimmt von links nach rechts zu!

Diaschau

Dakar – das Tor zu Afrika

Endlich wieder Land in Sicht – Dakar, Hauptstadt von Senegal und der westlichste Punkt Afrikas. Am 24. März um die Mittagszeit kamen wir in der Bucht von Dakar an. Andere Frachtschiffe warteten bereits und wir konnten erst um 21 Uhr anlegen. Vorher wurden noch spezielle Vorsichtsmassnahmen auf dem Schiff getroffen: Alle Rettungsringe und –seile sowie Feuerwehrschläuche entfernt, sämtliche Eisengitter beim Lift- und Treppenaufgang geschlossen. Das Risiko, plötzlich „blinde Passagiere“ an Bord zu haben oder Diebstähle, können anscheinend nicht ausgeschlossen werden.
Vom Deck aus beobachteten wir, wie die alten Autos und Container in der dunklen Nacht abgeladen wurden. Wir erlebten eine unruhige Nacht auf dem Schiff. Das Rumpeln war unüberhörbar. Am Morgen durften wir das Schiff nur für eine Stunde verlassen, da die Abfahrt unmittelbar bevor stand. Etwas angespannt bummelten wir durch den Markt direkt am Hafen. Alle wollten uns sehr freundlich etwas verkaufen. Es waren kaum Weisse zu sehen. Aber der Lärm, der Verkehr, die Hitze und der Staub waren für uns schon ungewohnt. Lieber hätten wir die nahe gelegene Insel Gorée besucht, eine der ersten europäischen Niederlassungen in Afrika. Im 18. und 19. Jahrhundert war Gorée ein berüchtigter Umschlagsplatz für Sklaven. Inzwischen gehört sie zu den Kulturdenkmälern der UNESCO.


Aber wir mussten rechtzeitig an Bord sein. Wieder dauerte es aber noch etliche Stunden bis wir gegen Abend nach Rio de Janeiro ablegen konnten. Eine Non-Stopp-Fahrt von sechs Tagen lag vor uns.

Diaschau

Sechs Tage bis Dakar

Ohne Halt ging die Reise spätabends am 18. März weiter nach Dakar, Senegal. Die Temperaturen stiegen von Tag zu Tag. Erstmals konnten wir an der warmen Sonne auf Deck sitzen und lesen. Nur knapp sahen wir am Horizont einen Teil der Kanarischen Inseln. Die ganze Mannschaft stand auf Deck und nutzte den kurzen Mobile-Empfang zu ihren Liebsten. Die Stimmung hat sich sehr gelockert. Alle sind sehr freundlich und wir können jederzeit das riesige Cockpit besuchen und uns über die Reiseroute informieren. Hier gibt es auch den besten italienischen Espresso! Die Philippiner sind mit Malen des Schiffes beschäftigt. Nach dem Nachtessen treffen wir uns zum Fussballspiel in Kleinversion (töggele). Die Crew spielt sehr gut - wir Passagiere werden aber immer besser!

Tagelang fuhren wir 195 Grad Richtung Süden. Ab und zu kreuzten wir andere Frachtschiffe, sogar einige Delfine begleiteten uns. Am Montagabend gab es eine Alarmübung für alle inklusive Einstieg in eines der beiden grossen orangen Rettungsboote. Trinkwasser und Nahrungsmittel für eine Woche liegen für den Notfall im Rettungsboot bereit.

Antwerpen und Le Havre

Das Anlegen in den Häfen ist immer wieder spannend. Bedingt durch Ebbe und Flut muss das grosse Frachtschiff zuerst durch eine schmale Schleuse in den Innenhafen. Die Crew war entsprechend angespannt und der Kapitän etwas nervös. An Bug und Heck unterstützen kräftige Lotsschiffe die Manövrierung. Die Häfen liegen immer abseits. Da wir nicht auf einem Passagierschiff sind, ist die Verbindung zur Stadt nicht organisiert und lohnt sich bei kurzen Aufenthalten kaum. Dies war in Antwerpen und Le Havre leider der Fall. Deshalb können wir unseren Blog nicht laufend aktualisieren und auch keine Mails verschicken, da das Frachtschiff den Passagieren kein Internet zur Verfügung stellt (nur in Notfällen).

Diaschau

Tilbury und Ausflug nach London

Da am Sonntag im Hafen kaum gearbeitet wird, geht die Schifffahrt nach Antwerpen erst am Montag oder Dienstag weiter. Einen genauen Fahrplan gibt es nicht. Dieser richtet sich nur nach der Fracht und den angelaufenen Häfen. Passagiere auf dem Frachtschiff sind eher zweitrangig. Wir machten kurz entschlossen einen Ausflug nach London. Mit der Bahn sind es nur 45 Kilometer. Forsythien und Osterglocken blühen hier bereits (13.März). Aber sonst herrschte typisch „english weather“! Rechtzeitig zum Nachtessen waren wir wieder auf dem Schiff in Tilbury und erlebten einen eindrücklichen Sonnenuntergang.

Diaschau

Frachtschiff „Repubblica del Brasile“

Das Frachtschiff ist 206 Meter lang, 30 Meter breit und ca. 35 Meter hoch. Es wurde 1998 für die Reederei Grimaldi gebaut. Neben einigen Containern kann das Ro-Ro-Schiff (roll on-roll off) bis zu 2‘800 Autos laden. Bekannte neue deutsche Autos gehen nach Südamerika – viele Occasionsautos und -lastwagen sind für Afrika (Dakar) bestimmt. Das Schiff fährt unter italienischer Flagge mit italienischer Schiffsführung. Die Besatzung von etwa 25 Männern setzt sich aus vielen Nationalitäten zusammen – darunter zahlreiche Philippiner.
Unsere Kabine mit Dusche befindet sich auf dem achten Deck. Sie ist einfach, sauber und zweckmässig eingerichtet. Die Gräuschkulisse der Motoren und Klimaanlage ist noch etwas gewöhnungsbedürftig. Der Tagesablauf richtet sich nach den Essenszeiten: 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück, 12.00 Uhr Mittagessen und 18.00 Uhr Nachtessen. Die italienische Küche ist prima. Zurzeit sind wir sieben Passagiere: wir beide, ein 50-jähriger Sohn mit seiner Mutter und drei einzelne Männer. Es gibt einen Essraum, Aufenthaltsraum, Fitnessraum und viel Platz auf dem Brückendeck zum Spazieren. Sogar eine Waschmaschine steht uns zur Verfügung.
Bis jetzt schätzen wir die viele, freie Zeit sehr. Wir lesen oder diskutieren mit den anderen Passagieren. Besonders Didier aus Frankreich, der über ein Jahr in Südamerika umher reiste, ist für uns eine sehr interessante Informationsquelle. Er kam mit dem Schiff aus Buenos Aires und wird es in Le Havre verlassen. Er musste den Umweg über Hamburg und Tilbury in Kauf nehmen, da das Schiff bei der Rückfahrt in Le Havre nicht anlegte.

Frachtschiff „Repubblica del Brasile“

Endlich Abfahrt in Hamburg

Nach zahlreichen Verzögerungen erhielten wir die Nachricht, dass das Frachtschiff „Repubblica del Brasile“ am 10. März 2011 um ca. 15 Uhr in Hamburg eintreffen wird. Nach einigen Formalitäten im Terminal O’Swaldkai 10, Schuppen 48, konnten wir mit dem Handgepäck einschiffen und unsere Kabine beziehen. Das Schiff blieb aber über Nacht noch in Hamburg und wir schliefen zum ersten Mal an Bord. Der Camper blieb noch auf dem Parkplatz. Erst am 11. März nachmittags wurden wir abgeholt und konnten auch den Camper an Bord fahren. Kurz darauf um 16.20 Uhr legte die „Repubblica del Brasile“ ab und wurde vorsichtig rund 80 Kilometer auf der Elbe ins Meer gelotst – vorbei an stattlichen Häusern und friedlichen Landschaften. Nachts machte sich ein leichter Schwindel bemerkbar. Aber die prophylaktisch eingenommene Reisetablette half. Morgens um vier Uhr kamen wir in Tilbury an.

Hamburg Abfahrt